Whoooooouuuuu

Kommt mit mir ins ferne Jahr 2009 und lest ein Kurzwerk in dem etwas anderen Schreibstil namens Whoooooouuuuu.


Whoooooouuuuu 


Wer bin ich? Wo bin ich? Wie viel Uhr? Warum bin ich aufgewacht?

Ja ok, wer ich bin - das weiß ich noch ;)

Aber ich fühl mich müde wie sau. Beschreibe dich in drei Worten: Müde wie sau +g+

Was ist heute? Montag? Samstag? Donnerstag?

Da es wohl nicht mein Wecker war, bin ich mal guter Dinge.

War das nicht die Klingel meines Nachbarn, in diesem schlecht isolierten Apartment-Block? Oder Nachbarin. Wer weiß das schon. Kenn hier eh keine Sau.

Leises Stönen vor der Tür. Eher ein: "Oooooh man"-Stönen, ohne dass das "Oh man" ausgesprochen wird. Und dann wieder: Es klingelt. Tatsächlich - es war wohl von Anfang an meine Tür.

Whoooouuu...

Ich reiße mir die Decke vom Leib. Um das Geräusch zu deuten. Es ist SIE. Ich schreie - bin sofort da. Na super. Peinlicher Schlafanzug. Weg mit dem Schlafanzug, rein in das Hemd von gestern Abend und ein Schluck Bier aus der auf dem Tisch stehenden offenen Flasche. Mal kurz schmecken. Oh nein. Das reicht nicht für guten Atem. Sie klopft schon mit der Faust an die Tür und spricht gegen das verriegelte Schloss: Man du Schnarchnase, es war doch ausgemacht...

Wolken ziehen über mein Gehirn. Noch immer weiß ich nicht den Tag, den wir heute haben. Aber egal. Es gibt andere Prioritäten. Ich reiße die Mundwasserflasche von der Badablage, und tue das, was man sonst NUR in amerikanschen Filmen sieht: Ich nehme einen Schluck, spül kurz im Mund und will SCHLUCKEN. Nein - das ist Quatsch aus Filmen. Schnell gurgeln und rausspucken. Es klingelt schon wieder.

Schnell die Hände nass machen und mit Vollgas die Haare in eine adäquatere Stellung bringen. Ich raße aus dem Bad und werfe mich an die Türklinke.

Die Szene eines Filmes, den ich nicht kenne und den es nicht gibt, wird wahr. Das Traumbuch meiner Sehnsucht.

Und da steht sie also vor meiner Tür. Wow. Mein Wunsch, mein Traum.

Sie sagt nur: "Uuuh, das ist aber schön, dass du noch zur Tür gefunden hast...ich wollte auf dein Angebot von gestern zurückkommen, mal mit dir auszuprobieren, wie es so ist, in der Früh Bier zu trinken..."

Wie geil ist das denn....

Der melancholische Junge (also ich) geht nur auf sie zu (zwangsweise mit gutem Atem ;) und haucht ihr seine ersten Lieblingszeilen ins Ohr:

"Mit deinen blauen Augen, siehst du mich lieblich an. Da wird mir so träumend zu Sinne, dass ich nichts sagen kann"

"Soll ich dir sagen, wie oft du mir das gestern Abend schon ins Ohr gehaucht hast.... Wie wär's mit Strophe 2...das gefällt mir...hrrrr"

Was für ne geile Situation. Keine verdammte Arbeit, über die man nachdenkt. Keine unerfüllten Sehnsüchte. Aus dem Schlaf gerissen und ab auf unsere Wolke...

Es dreht sich. Und dreht sich. Dreht sich.

Kennen Sie das? Die Träume, in denen man meint vom Fahrrad zu fallen? Die Träume, in denen man meint vom Berg zu fallen und dann schlagartig aufwacht? Zack, zack, bäm. Und wieder zurück in die Realität. Doch in dem Moment, in dem man fällt, dreht sich alles. Ein gar nicht mal so übler Moment, den man gern einfangen würde. Der jedoch nur Sekunden oder Sekundenbruchteile hält. Und noch schlimmer. Man sagt, dass die Träume, die sich über einen langen Zeitraum erstrecken, im Gehirn in wenigen Minuten oder gar Sekunden erdacht werden. Der Rest ist schwarz. Entspannende unbewusste Leere, die uns regeneriert.

Ich sitze mit ihr in einem unglaublich PS-starken Audi. Ich habe meine Sonnenbrille auf. Sie lächelt mich ständig an, küsst mich auf die Wange und sagt, dass sie mich liebt. Ich fühle mich richtig gut. Wie in einer anderen Welt. Mit 400 km/h fahren wir gegen die Wand aus meinen Illusionen.

Whooooouuuuu!

Und da liege ich und starre auf die dunkle Decke.

Ich schlage mit meiner Hand gegen die Matratze. Verdammt, verdammt, verdammmt... Lasst mich zurück!!!

Welcher Tag ist heute überhaupt? Muss ich auf die Arbeit? Oh man, wirklich... Ein verschwommes Bild geistert vor meinen Augen, die im Dunkeln kaum was außer Schattierungen erkennen können. Ich will sie greifen, doch sie ist schon weg. Zu Ende melancholiert. Niemand hat geklingelt. Sie wird nie klingeln. Niemand hat geklopft. Sie wird nie klopfen. Sie will es nie mit mir probieren, wie es ist, in der Früh Bier zu trinken...

Ich sage es nur ungern. Aber das ist doch alles Scheiße. Komm zurück!!

Von der Sehnsucht verätzt trinke ich den Rest meines Bieres, das noch vom Vorabend auf dem Tisch steht. Putze mir die Zähne - für den guten Atem. Ich gehe aus meiner Apartmenttür, lehne meinen Kopf gegen die Gangwand und frage mich, was heute überhaupt für ein Tag ist

(c) 2009, written and served by Nathanael Merten

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