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Donnerstag, 19. März 2015

Die Generation Y (hinterer Teil) und die Information

Ich bin quasi in einer anderen Welt aufgewachsen als die Generation nach mir. Der faszinierendste Aspekt war, dass Information einfach nicht verfügbar war. Freunde meiner Eltern waren so stolz darauf, dass sie mehrere Brockhaus-Bände zu Hause haben. "Ich kaufe mir jedes Jahr einen Band - bis eben alles vollständig ist", sagte ein Freund meines Vaters in den 90ern zu ihm. Stolz wie Otto war er, dass er schon fast 2 Regalreihen voll hatte. Ihm war es wichtig, nachschlagen zu können.

Atari 2600 Consola i comandaments (20 d'abril de 2009)
Atari 2600
Wenn ich etwas wissen wollte, musste ich jemand fragen. Doch noch viel öfter gab ich mich damit zufrieden, es einfach nicht zu wissen. Beim Atari 2600 (ich hatte die 1986-Version) spielten mein Bruder und ich stundenlang "Bobby geht nach Hause". Und DAS GANZE SPIEL, in JEDEM LEVEL und JEDER Szene kam dasselbe Lied (außer in der Endszene). Ich wusste über Jahrzehnte nicht, wie es heißt. Ein Ohrwurm. Stellen wir uns mal vor, ich hätte es damals wissen wollen. "Hey Bruder, weißt du eigentlich wie der Song heißt?" Antwort: "Nö." Thema abgehakt. Keinerlei Chance, es je herauszufinden. Und heute brauche ich nur mit meinem Galaxy S5 nach "Song Bobby geht nach Hause" suchen. Da kommt gleich ein Link auf "gutefrage.net" und "spieleklassiker.de" mit der Überschrift: "Hey Leute, kann mir jemand sagen, wie der Song bei Bobby geht nach Hause heißt" und jeweils genug Antworten. (Übrigens auch korrekte!)
Wenn ich neue Spiele kaufen wollte, musste ich in einen Laden. Online-Shopping gab es noch nicht. Man konnte sich nicht vorab informieren. Der Laden hatte das, was eben da war und daraus konnte ihc mir was aussuchen. Ohne zu wissen, was sonst noch so überhaupt gab.
Damals hatten wir einfach nicht die Möglichkeit. Papa war zum Glück einer, der extrem früh Internet hatte. Es war wohl so Mitte/Ende der Neunziger. Man musste zuerst die Modem-Software öffnen und eine Kennwort eingeben. Dann konnte man mit dem Netscape Communicator (ein Browser wie heute Google Chrome oder Firefox) surfen. Es wurde nach Minuten abgerechnet! Flatrate war eine innovative, weltverändernde Idde, die es damals nicht gab. Wenn ich mich recht erinnere, nannte man eine Flatrate damals "Standleitung" und die kostet richtig heftig Geld. So viel, dass es für den normalen Anwender uninteressant war.
Das Lustige ist, dass das Internet relativ leer war. Auf die meisten Fragen gab es dort noch keine Antworten. Google "füllte" sich erst im Laufe der Jahre. Aus Neugier googlete ich immer wieder mal nach Sachen, die mich interessierten, doch der Erfolg war sehr mäßig. Alles was man sich vorstellen kann, blieb im Internet der Anfänge unbeantwortet. Heute googlen wir "Unterschied Pils Weizen" und wissen, warum ein Weizen ("Weißbier") anders als ein Pils schmeckt. Doch damals gab es auf solch simple Fragen keine Antworten. Online-Artikel waren Mangelware, Wikipedia gab es nicht.

Netscape Communicator 4.51Ich weiß noch, dass ich ein Referat über ein bestimmtes Thema hielt. Ich googlete es und kam auf einer eBook-Seite raus. Alle anderen Ergebnisse waren nicht relevant. Ich zahlte dort ein paar Euro und kaufte mir ein PDF. So leer war das Internet. Es ging im Referat um die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Dritten Reich. Heute ist das Internet voll mit Artikeln und Einträgen darüber. Doch damals war Wikipedia gerade erst im Aufbau und hatte nur sehr spärlich irgendwelche Informationen. Ich erlebte mit, wie Wikipedia groß wurde, wie Google plötzlich den Markt eroberte. Ich hatte einen YouTube-Account, als YouTube neu und nur auf englisch war. Es sind schöne Erinnerungen, aber sie klingen für die Generation nach mir wahrscheinlich wie von einem fremden Planeten.

Der Freund von Papa hatte schon vor Paps Internet. Auch darauf war er damals stolz wie Otto. Er wählte sich mit seinem Modem ein und wollte uns die Seite der NASA zeigen. Aber da es gerade einen Schub neuer Internetnutzer gab und eine US-Website damals schwerer zur erreichen war als eine europäische, kamen wir innerhalb von einer ganzen Stunde nicht drauf (ja, der Browser funkt tatsächlich bis zu einem US-Server, bis man eine US-Website angezeigt bekommt, es sei denn, die Website ist auch auf einem europäischen Server gehostet).

Eine Sache lernte ich in meiner Kindheit: Man muss sich damit zufrieden geben, dass man viele Dinge nicht weiß. Das ist heute anders. Man kann alles in Erfahrung bringen. Ob Zecken wirklich von Bäumen hüpfen können. Ob Shisha so schädlich wie Zigaretten ist. Wie dieser eine Film nochmal hieß, den man vor vielen Jahren mal sah. Ob eine Frau wirklich während ihrer Regel schwanger werden kann.

Meiner Generation war es nicht vergönnt, das einfach googlen zu können. Ich musste mich mit meiner eigenen Einschätzung zufrieden geben. Ich musste meine Eltern oder Freunde fragen, wenn ich's genau wissen wollte, und die wussten es meistens auch nicht.

Heute haben wir einen Informationsüberfluss. Wir können über fast alles halbwegs zuverlässige Informationen herausbekommen. Was für ein Luxus! Und ich habe keine Ahnung, wie das heute z.B. 15-Jährige nutzen. Wie ist das denn, wenn sich ein 15-Jähriger irgendwas fragt? Googlet er dann danach? Oder ist er da zu faul dazu und gibt sich ebenfalls damit zufrieden, es nicht zu wissen, auch wenn er es relativ leicht wissen könnte? Keine Ahnung, ich weiß es nicht.

In diesem Sinne, ich hoffe ihr genießt die Sonnenfinsternis morgen. auf dass wir nicht erblinden, weil wir zu spät dran waren mit dem Brillenkaufen :p

Nathanael

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